Kurts Empfehlung

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«Hat er Talent?»
«Angeblich ja, aber Talent ist noch keine Garantie dafür, daß ein Mann seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Im Gegenteil – je begabter ein Mensch ist, desto unwahrscheinlicher wird es, daß er es zu etwas bringt.
«Und daran gibt’s keinen Zweifel?
«Die Wissenschaftler in meiner Fabrik, die Ingenieure, die Motoren und Konstruktionen entwerfen, sind hochbegabt, und trotzdem werden sie nie mehr haben als ein eben auskömmliches Gehalt. Die meisten von ihnen könnten in der Verkaufsabteilung weitaus besser verdienen, aber sie sind viel zu sehr an ihrer Arbeit interessiert, um das auch nur zu erwägen. Ihr Talent stellt für sie praktisch eine Behinderung dar. Sieh dir doch all die mittellosen Künstler an, die verzweifelt ihre Werke feilbieten, und die Musikanten, die auf den Straßen betteln.»
«Und da hast du Peter also verboten, Musik zu studieren?» fragte Fischer herausfordernd.

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Beide gehörten zur Truppe, die der berüchtigte Hauptmann Ernst Röhm – unter ständig wechselnden Titeln – befehligte, die sogenannte Sturm-Abteilung von Hitlers NSDAP.
Peter Winter hasste die Nazis fast ebenso heftig wie die Kommunisten.
Die bedenkenlose Art, mit der sie sich Begriffe wie «Freiheit», «Ehre», «Brot» und «Sicherheit» zu eigen machten, war ihm suspekt.

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Nach seiner Meinung brachten es nur dumme Menschen fertig, Mängel und Möglichkeiten einer komplexen Welt mit derart verschwommenen, abgedroschenen Phrasen und Schlagworten zu simplifizieren.
In seinem Innern hatte er immer auf ein Wunder gehofft, das ihn wieder in einer wohlgeordneten Welt aufwachen ließ, wo der Kaiser das Regiment führte. Doch allmählich hatte er sich, wenn auch widerstrebend, zu der Überzeugung durchgerungen, daß die neue Verfassung von Weimar demokratische Rahmenbedingungen bot, mit deren Hilfe Deutschland seine einstige Größe und Weltgeltung zurückerlangen könnte.
Trotz seiner Abneigung gegen den Sozialismus war Peter Winter an jenem Abend einer der wenigen im väterlichen Haus – vielleicht in der ganzen Stadt -, der Ebert, den sozialdemokratischen Reichspräsidenten, unterstützte. Deutschland mußte als Rechtsstaat regiert werden, eben deshalb wollte er Jurist werden. Die organisierte Gewalt bei Kommunisten wie Nazis stellte eine Bedrohung von Recht und Ordnung dar, gefährdete den deutschen Mittelstand und damit alles, was Peter lieb und wert war.

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Und laß mich dir noch eines sagen – es gibt massenhaft deutsche Politiker, die haargenau wissen, wie man in diesem Pulverfaß den Funken zündet.»
«Redest du von den Nazis?»
«Es gibt andere, aber die Nazis sind die schlimmsten und gefährlichsten Fanatiker. Dieser Hitler ist nach seiner Haftzeit wieder in die Höhe gekommen. Politisch war es das Beste, was ihm passieren konnte. Er ist irgendwo ein Phantast mit Gespür für den spezifisch deutschen Verschnitt von Gefühlsduselei und Härte. Er versteht es, Scharen unzufriedener Menschen aus den verschiedensten Lagern zu beeindrucken. Wollt ihr hören, daß der Generalstab den Krieg verloren hat? Ihr habt eure Stellung verloren? Die hat euch ein Jude weggenommen. Eure Fabrik ist pleite gegangen? Der Drahtzieher war ein Jude, der an dem Konkurs klotzig verdient hat. Sozialisten organisieren einen Streik, der euch nicht paßt? Kommunisten veranstalten Straßenschlachten? Das weiß doch jeder, daß Moskau von Juden beherrscht wird. Sie stimmen nicht zu?
Dann haben Sie sich entweder hinters Licht führen lassen, oder Sie sind selber Jude und an der Weltverschwörung beteiligt.»
«Das mag sich ja für schlichte Wähler gut anhören, aber Herr Hitler wird damit nicht sehr weit kommen, wenn er in die Reichsregierung will.»

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«Die Nachwehen des Krieges – Niederlage, Enttäuschung, Hunger. Das legt sich.»
«Wenn ich dir doch nur glauben könnte, Dad. Aber tatsächlich ist dieses Gift unter jungen Menschen weiter verbreitet als in allen anderen Bevölkerungsschichten. Schüler und vor allem Studenten, die für den Kriegsdienst zu jung waren, sind oft verbitterter über die Niederlage als die Frontsoldaten. Die Veteranen wissen im Grunde ihres Herzens, daß die Deutschen auf dem Schlachtfeld besiegt wurden; die Jungen, die es nicht miterlebt haben, glauben bereitwillig an all das Geschwafel von der ‹Dolchstoßlegende›. Und die Jungen sind es auch, die gewalttätig werden. Sie strotzen vor Energie und vor Haß. Sie suchen eine Sache, ein Ziel, und das wird Hitler ihnen liefern.»

Seite 277
ich war nie sehr religiös, sagte Samson. «Meine Mutter war römisch-katholisch, mein Vater Mitglied der anglikanischen Kirche.
Deshalb haben sie sich darauf geeinigt, mich als Agnostiker zu erziehen …. Er lachte kurz auf, als sei er gegen diese Entscheidung seiner Eltern. «Daher kann ich Hitlers religiöse Verfolgung der Juden nicht akzeptieren. Ich vermag nicht zu sehen, was die Nazis sich davon versprechen.
Es handelt sich nicht um eine religiöse Verfolgung, sondern um eine rassische», korrigierte Lottie.
«Den Unterschied müssen Sie mir erklären», bat Samson.
«Judenverfolgungen hatten wir in Europa jahrhundertelang», begann Lottie. «Doch damals endete sie, wenn ein Jude zum christlichen Glauben übertrat. Einen solchen Ausweg bietet Hitler nicht. Er haßt die Juden wegen ihrer Rasse, nicht wegen irgendwelcher Nuancen in ihrem Gottesbegriff.»

Len Deighton: In Treu und Glauben
Roman einer Berliner Familie von 1899 bis 1945
Einzig berechtigte Übersetzung aus dem Englischen von Liselotte Julius. Copyright © 1987 by B. V. Holland Copyright Corporation. Titel des Originals: «Winter» Gesamtdeutsche Rechte beim Scherz Verlag, Bern, München, Wien.

Seventies-Buntheit

Wenn man in der Bundesrepublik der Siebzigerjahre aufwuchs, wusste man, dass parallel zur poppigen Afri-Cola-Sinalco-Werbewelt, zur sozialliberalen „Mehr Demokratie wagen“-Koalition und zu den antiautoritären Kinderläden noch ein anderes Deutschland existierte. Im Untergeschoss.

Medienberater machen Werbung für sich, indem sie erklären, wie sie Politikern beibringen, in Interviews keinesfalls auf Fragen zu antworten, sondern ohne Rücksicht auf den Gesprächspartner ihre „Erzählung“ zu „präsentieren“. Alle spielen allen etwas vor und reden auch noch offen darüber.

taz: Tanz die Performanz. Kolumne Die Wahrheit von Hartmut El Kurdi

Jetzt war ich älter als die meisten Großväter

Die nächsten elf Jahre lebten wir zusammen wie Mann und Frau. Ich wüßte nicht, wieso ich mich dafür rechtfertigen sollte. Vor langer Zeit war ich so jung gewesen, daß ich ihr Sohn hätte sein können, aber jetzt war ich älter als die meisten Großväter, und wer so alt ist, braucht sich an keine Regeln mehr zu halten. Man tut, wozu man Lust hat, und nimmt sich, was man zum Leben braucht.

Paul Auster
Mr. Vertigo, Seite 313
Roman
Copyright © 1996 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Berg en Terblijt

Verwandlung nahestehender Menschen

One of the things Trump likes coming back to is new plumbing that limits the flow for shower heads or toilets. It can be the loss of little creature comforts like this. It can be hurt feelings. I think that hurt feelings might be a source of right-wing support more common than many imagine. Change imposed on you that you don’t understand the necessity of, that makes your life feel like a life of limitation instead of the abundance your remember.

Potato_Donkey_1
https://www.reddit.com/r/QAnonCasualties/comments/1dwhh4z/why_are_some_people_susceptible_and_others_not/?chainedPosts=t3_1dy4hh1

If you are pretty happy to live in reality, you are not susceptible to belief systems that deny reality and offer an alternative. If the world seems fair and just to you, if you feel valued and respected, you are much less likely to support a politician who says that your disappointments are the fault of some identifiable enemy and who promises revenge.

Potato_Donkey_1
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Populismus.online 

  1. Schweigende Mehrheit. Ich behaupte mal, die steht hinter mir.
  2. Falsches Dilemma: schwarz oder weiß -> Spaltet
  3. Ad hominem -> Kein Argument sondern persönlicher Angriff, Weil eigener Standpunkt schwach
  4. Sachlage verdrehen: Strohmann Argument. Zucker Werbung an Kinder verbieten? Kein Zucker im Kaffee mehr erlaubt? Haben die keine anderen Sorgen?
  5. Motte & Bailey: Erst provozieren diskriminieren, dann sichere Motte-Burg. Da bleibt immer was hängen

https://populismus.online

The piper

„I’s gone!“ sighed the Rat, sinking back in his seat again. „So beautiful and strange and new! Since it was to end so soon, I almost wish I had never heard it. For it has roused a longing in me that is pain, and nothing seems worth while but just to hear that sound once more and go on listening to it for ever. No!

There it is again!“ he cried, alert once more. Entranced, he was silent for a long space, spellbound.

„Now it passes on and I begin to lose it,“ he said presently. „O, Mole! the beauty of it! The merry bubble and joy, the thin, clear happy call of the distant piping! Such music I never dreamed of, and the call in it is stronger even than the music is sweet! Row on, Mole, row! For the music and the call must be for us.“ The Mole, greatly wondering, obeyed. „I hear nothing myself,“ he said, „but the wind playing in the reeds and rushes and osiers.“

The Rat never answered, if indeed he heard. Rapt, transported, trembling, he was possessed in all his senses by this new divine thing that caught up his helpless soul and swung and dandled it, a powerless but happy infant in a strong sustaining grasp.

In silence Mole rowed steadily, and soon they came to a point where the river divided, a long backwater branching off to one side. With a slight movement of his head Rat, who had long dropped the rudder-lines, directed the rower to take the backwater. The creeping tide of light gained and gained, and now they could see the colour of the flowers that gemmed the water’s edge.

„Clearer and nearer still,“ cried the Rat joyously.

„Now you must surely hear it! Ah – at last – I see you do!“

Breathless and transfixed the Mole stopped rowing as the liquid run of that glad piping broke on him like a wave, caught him up, and possessed him utterly. He saw the tears on his comrade’s cheeks, and bowed his head and understood. For a space they hung there, brushed by the purple loosestrife that fringed the bank; then the clear imperious summons that marched hand-in-hand with the intoxicating melody imposed its will on Mole, and mechanically he bent to his oars again. And the light grew steadily stronger, but no birds sang as they were wont to do at the approach of dawn; and but for the heavenly music all was marvellously still.

On either side of them, as they glided onwards, the rich meadow-grass seemed that morning of a freshness and a greenness unsurpassable. Never had they noticed the roses so vivid, the willowherb so riotous, the meadow-sweet so odorous and pervading. Then the murmur of the approaching weir began to hold the air, and they felt a consciousness that they were nearing the end, whatever it might be, that surely awaited their expedition.

Kenneth Grahame: The wind in the willows – 1908

always wanting you to do something

„The bank is so crowded nowadays that many people are moving away altogether. O no, it isn’t what it used to be, at all. Otters, kingfishers, dabchicks, moorhens, all of them about all day long and always wanting you to do something – as if a fellow had no business of his own to attend to!“

Kenneth Grahame: The wind in the willows – 1908