Isabelle Eberhardt · Sandmeere · Im heißen Schatten des Islams
„Reisen ist, wenn man nicht denkt, sondern die Abfolge der Dinge vorbeiziehen sieht, wenn sich das eigene Lebensgefühl dem Maß des Raumes einfügt. Die sich langsam entfaltende Monotonie der Landschaft trägt dazu bei, uns Erholung von jenen Falten zu gönnen, die wir angenommen haben; uns mit einem Gefühl von Leichtigkeit und Ruhe zu durchdringen, das dem wie im Dampfbad transportierten, im Fieber liegenden Reisenden nicht zuteil werden kann. Beim ruhigen Schritt der vor Hitze ermatteten Pferde bewahren die geringsten Zufälligkeiten des Weges in meinen Augen ihre bildhafte Schönheit. Es sind keine aufgeregten Situationen; es ist ein ruhiger, lebendiger Geisteszustand, der einst allen menschlichen Rassen eigen war und sich heute noch, ganz in unserer Nähe, im Blut der Nomaden verewigt.“
“Sandmeere”, Band „Im heißen Schatten des Islam“ von Isabelle Eberhardt, 1904, © 1981 März Verlag GmbH, Ausgabe bei Zweitausendeins, aus dem Französischen übertragen von Grete Osterwald